Die Liturgie in der evangelischen Kirche in Lienen

Reformatorische Wurzeln

Die evangelische Kirchengemeinde Lienen existiert, seit sich Graf Konrad von Tecklenburg 1527 der Reformation Martin Luthers anschloss. Sein Sohn, Graf Arnold von Tecklenburg, der in Straßburg studiert hatte und so in Kontakt mit den Ideen Calvins gekommen war, führte dann 1588 in seiner gesamten Grafschaft das Reformierte Bekenntnis und die Reformierte Kirchenordnung ein.

Heute gehört die evangelische Kirchengemeinde Lienen zum Kirchenkreis Tecklenburg. Dieser ist Teil der Landeskirche von Westfalen, die ihrerseits wiederum eine der sieben Gliedkirchen der Evangelischen Kirche der Union (EKU) ist. Die EKU geht zurück auf das Jahr 1817, als der preußische König Friedrich Wilhelm III. anregte, mit dem 300. Jahrestag der Reformation Luthers solle in seinem Lande die Vereinigung der lutherischen und der reformierten Gemeinden durch gemeinsame Abendmahlsfeiern eingeleitet werden.

Doch auch nach dieser „Zwangsehe“, die im Wesentlichen zunächst auf eine Verwaltungsunion hinauslief, durften in den danach als „uniert“ bezeichneten Landeskirchen die einzelnen Kirchengemeinden ihre Bekenntnisse behalten. Lienen gilt seitdem als unierte Gemeinde mit reformierten Bekenntnisschriften.

Von einer wirklichen Bekenntnisunion der lutherischen, reformierten und unierten Kirchen kann man aber eigentlich erst seit dem 1. Januar 1974 reden, als die „Leuenberger Konkordie“ in Kraft trat, die ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums zwischen diesen Kirchen feststellte, woraufhin sie sich schließlich gegenseitig anerkannten und untereinander Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft erklärten.

Gelebte Praxis

Auch vor der Leuenberger Konkordie war es aufgrund der Union schon möglich, dass evangelische Pfarrer des einen Bekenntnisses in Gemeinden des jeweils anderen Dienst taten, wobei sie allerdings gehalten waren, „den jeweiligen Bekenntnisstand der Gemeinde zu wahren“, wie es hieß. So war in Lienen beispielsweise schon Pfarrer Gronenberg „Lutheraner“. Das traf auch auf Pfarrer Hartwig Schulte zu, der 1985 seinen Dienst antrat.

Ab 1988 kamen dann mit der Wahl des Pfarrerehepaars Hartmut und Annette Bethlehem zwei uniert ordinierte Pfarrer hinzu. Es war im Folgenden besonders Pfarrer Hartmut Bethlehem, der die in Lienen geübte Liturgiepraxis überarbeitete, die ihm bei seiner Amtsübernahme unklar erschien. Dabei orientierte er sich an dem seit 1990 vorliegenden „Vorentwurf der Erneuerten Agende“, aus dem nach einem zehnjährigen Beratungsprozess das „Evangelische Gottesdienstbuch“ hervorging, das am 1. Advent 1999 in der Landeskirche offiziell eingeführt wurde. Es beschreibt die verschiedenen möglichen Gottesdienstformen (nachzulesen auch im aktuellen Gesangbuch ab Seite 1130).

Das wesentliche Novum des Neuen Gottesdienstbuchs ist, dass es keine feste Gottesdienstordnung mehr vorschreibt. Stattdessen gibt es eine verbindliche vierteilige Grundstruktur vor, die dann variabel ausgestaltet werden kann.

Aus dieser Zeit stammt der seitdem in Lienen an die Gottesdienstbesucher ausgehändigte Ablaufzettel, der den Inhalt der jeweiligen Feier mit Liedern, Gebeten und weiteren liturgischen Bestandteilen beschreibt, wobei die Hauptelemente der Liturgie durch die folgenden vier Überschriften gegliedert ist:

  •  Ankommen: in der Kirche, im Gottesdienst, vor Gott
  •  Hören und Bedenken
  •  Gemeinschaft mit Gott und untereinander: erneuern, bezeugen, beginnen
  •  Mit anderen und für andere etwas tun

Das Pfarrerehepaar Bethlehem ging bei seinen Überlegungen davon aus, dass das nach alter Tradition vor der Predigt verortete Sündenbekenntnis, aber auch das im Gottesdienst von der Gemeinde gesprochene Glaubensbekenntnis als Antwort auf die Verkündigung gesehen werden musste und deshalb nach der Predigt zu platzieren war.

Diese liturgische Erneuerung wurde in der Amtszeit der Bethlehems in der evangelischen Kirchengemeinde Lienen praktiziert, jedoch von der damals getrennten (heute pfarramtlich mit Lienen verbundenen) zweiten evangelischen Gemeinde in der Kommunalgemeinde Lienen im Ortsteil Kattenvenne nicht geteilt.

Heute ist auch die Kirchengemeinde in Lienen zum Sündenbekenntnis vor der Predigt zurückgekehrt. Die derzeitige Inhaberin der Verbundenen Pfarrstelle Lienen/Kattenvenne, Pfarrerin Verena Westermann, und die aktuell in der vollen Lienener Pfarrstelle Dienst tuende Pfarrerin im Entsendungsdienst, Pfarrerin Miriam Seidel lassen das Glaubensbekenntnis jedoch weiterhin nach der Predigt sprechen. 

Ablauf heutiger Gottesdienste in Lienen

Den Ablauf typischer Sonntagsgottesdienste möchten wir Ihnen anhand einiger Gottesdienstzettel aus der Vergangenheit hier zeigen: 

Bei Fragen zur heute in der evangelischen Kirchengemeinde Lienen gelebten Liturgie können Sie sich gerne an das Presbyterium oder an die Pfarrer und Pfarrerinnen unserer Kirchengemeinde wenden.

Hinweise zum Abendmahl

Das Heilige Abendmahl feiern wir in der evangelischen Kirchengemeinde Lienen in der Regel an jedem letzten Sonntag im Monat, sowie an hohen Festtagen. Unabhängig von der Konfession sind alle Getauften herzlich zum Tisch des Herrn eingeladen.

Wir feiern das Abendmahl mit Traubensaft und mit Wein.

Sie können wählen, ob Sie aus dem Keramikkelch mit Wein trinken möchten oder warten, bis der Silberkelch mit Traubensaft gereicht wird. Dort können Sie dann das Brot eintauchen.